Wenn die Farbe zu sich kommt. —
Zur Malerei von Gilbert Pink.
Gilbert Pinks künstlerische Auseinandersetzung ist ganz dem Thema Farbe gewidmet. Seit Beginn seines Künstlerdaseins erforscht er diesen Bereich mit Hingabe und Konsequenz. Um die Farbe in ihrer ursprünglichsten und klarsten Form zu berühren, arbeitet Pink nahezu ausschließlich mit Pigmenten. Übervoll ist sein Atelier mit Gläsern, Schachteln, Behältern, in denen er Farbpigmente aller nur erdenklichen Töne aufbewahrt und die ihn, sofern er davon spricht, sie zeigt, in helle Begeisterung, in Bewunderung für das Medium versetzen: „Es gibt den Punkt, da kann ein Gelb, egal wie viele Pigmente man noch hinzufügen mag, nicht gelber werden. Dann ist Schluss, und man hält das Gelb in seiner Reinform, in seiner extremsten Ausprägung in den Händen.“, so Pink. Solchen Grenz- und Eigenwert, den Farbe an sich darstellt, versucht er in seiner Malerei beständig auszuloten. Das zu tun, lässt er die Farbe ganz bei sich, lässt für sich allein sie sprechen. Nie zwängt er sie in eine bestimmte Form, etwa der Art „roter Kreis auf blauem Grund“, denn solches Vorgehen lenkte die Konzentration nur ab von der Betrachtung des Eigentlichen. „Farbe, so Pink, braucht keine Form, um wirken zu können.“ Darum verweigern sich seine Bilder der Figürlichkeit. Lassen die Farbe stattdessen frei; geben ihr den Raum, den sich zu entfalten sie braucht. In diesem Sinne auch bleibt auf Pinks Leinwänden oder Papieren oftmals ein Teil der Fläche unbearbeitet, bleibt leer und Untergrund, vor dem sich – meist vom Bildrand in Richtung Zentrum – die Farbe ihrer jeweiligen Art und Konsistenz gemäß ausbreiten darf.
Nicht nur die Farbe als Einzelne interessiert Pink. Seine Malerei spürt der Wirkung, die im Verbund sie entfaltet, nach, und erkundet zudem die Wandelbarkeit, die die reine Farbe in Kombination mit anderen Farben erfährt: Wann verliert eine Farbe, und wann gewinnt sie an Aussage und Kraft neben einer anderen hinzu? Welche Umgebung ist ihr in ihrer Wirkung zuträglich, in welcher Kombination erleidet sie Schaden? Auf Harmonie und Konflikt setzt Pink hierbei gleichermaßen; favorisiert ein weiches Miteinander nicht weniger, denn den scharfen Kontrast. Antworten, die sich aus derartigen Fragestellungen ergeben, erschließt Pink sich intuitiv und über das reine Machen. Die analytische, intellektualisierende Herangehensweise schließt er für sein Arbeiten aus. Folglich muss seine Malerei als spontanes Reagieren auf die sich im Malprozess jeweils ergebende Situation verstanden werden. Daher auch die Wichtigkeit des je einzelnen, meist großflächig aufgetragenen Pinselstrichs: Einmal ausgeführt, ist er nicht mehr rückgängig zu machen. Nicht mehr kann an ihm rumgefeilt oder verbessert werden, denn das verdeckte nur seine eigentliche Natur. Malerei so verstanden wird zum Akt. Wir Geste und spontane Äußerung. Solches Vorgehen verleiht ihr einen unmittelbar präsentischen Charakter, bei dem der einzelne Pinselstrich die Zeugenschaft für das Jetzt übernimmt. So gesehen, ist er immer ehrlich. Ist immer ungeschönt und fassadenlos dem Scheitern ausgesetzt. — Oder dem Gewinn! Der stellt sich ein, wo die Komposition in Farbwahl, Rhythmik und Dynamik nicht mehr und nicht weniger denn stimmig ist.
KONSTANZE SEIFERT.
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