September 18, 2010

À FLEUR DE PEAU.

Textfragmente zur Porträtserie «Rules of Engagement»

von Joerg Reichardt, Fotograf.


http://www.joergreichardt.de/

http://www.ggaadd.com/log/archives/category/01-portraiture


*

Weißt du noch unseren Anfang? Da habe ich mich dir mit meiner ganzen Kraft in die Arme geschmissen. Aufrecht, ungestüm, unbedingt und mit voller Wucht sind wir ineinander gestürzt.

Nichts zurück behalten, alles war Angebot, was zählte war unser Spiel. Ich habe alles gesetzt und verloren. Dich. Und mich dazu.



*

Du brichst ein, brichst immer wieder in mein Leben ein.

Einbrecher!

Lässt meine Ruhe mitgehen, mich im Chaos zurück.


*

Dann genieß mich doch einfach.



*

T’as oublié mon anniversaire, tu sais?

Non, je n’ai pas oublié. Je ne savais pas trop quoi faire. J’espère que c’était une bonne journée.



*

heute verstehen bitte :

Endgültig. Endgültig. Endgültig.

Endgültig !

Für immer.

Niemals wieder!



*

Verletzlichkeiten verdrängen die Kraft. Vorsichtigkeiten zügeln den Mut. Empfindlichkeiten deckeln die Lust.

Es kommt der Punkt, da verdient die Liebe ihren Namen nicht mehr. Was bleibt sind Vernünftigkeiten.

Ruhig alles langsam angehen!

Bloß nicht zu viel investieren!

Pass auf dich auf!

Was bleibt sind Rationalitäten, sie sind die Rüstung der Verletzten.

Irgendwann wird selbst die Liebe fahl.



*

Komm! wir erobern jetzt die Welt.



*

Und wovor hast du Angst?

Vor den Schritten nach vorn, vor den Schritten auf dich zu. Weil sie könnten dir ja zeigen, du bedeutest mir was. Jeder Schritt auf dich zu lässt mich meine Kleider verlieren, meinen Schutz. Jeder Schritt auf dich zu, einer weg von mir, denke ich, fühlt es sich.

Angst dir zu zeigen du bedeutest mir was, und warum?

Weil ich dann schwach aussehe. Weil du dann siehst, ich brauche wen. Weil du dann siehst, ich bin nicht stark. Weil ich dann in deinen Händen liege, mich nicht mehr verteidigen kann, sondern offen und blank nicht mehr zurück kann von dir, nicht mehr weg kann von dir, sondern dir und deinen Launen, deiner Gunst jetzt AUSGELIEFERT bin.

Will nicht mehr als bei dir bleiben. Nicht mehr mit meinem Schweigen sein.

Aber es geht nicht, er kommt nicht über die Lippen. Der simple, so banale Satz wird konsequent und eiskalt von meiner Stille verschluckt, weil ich bringe es nicht über mich dir zu gestehen:

Meinen Tag, meinen strengen Ich-Tag, den will ich heut am Liebsten An den Nagel hängen. Will aus dem Ich-Tag heut einen Du-Tag mit Dir machen, eben bei dir sein.

Kann dir dieses Einfache nicht sagen. Du weißt nichts davon.

Stattdessen gehe ich, überlasse dir von mir nicht mehr, denn mein Schweigen. Nehme meine Sachen, mein Gesicht, meine Haltung, mein Bild und gehe.

Ich gehe, weil ich denke ich muss gehen. Ich gehe, weil ich denke dein Bild von mir verlangt es so. Ich gehe, weil ich denke mein Bild von dir verlangt es so. Ich gehe, weil ich denke mein Bild von mir verlangt es so.

Also gehe ich. Gehe gegen mich an. Laufe meinem Verlagen zuwider. Renne mich in mir irre, wund und roh. Dabei bohrt sich die Maske, die ich meine dir vorhalten zu müssen blutig und mit Stacheln in mein Gesichtsfleisch hinein.

Du weißt nichts davon.

Weil ich bin still, obwohl ich dir ins Gesicht schreien müsste

mit dir TEILEN!

Stattdessen gehe ich. Lasse dich.

Du bist verwirrt aber gefasst, denn du musst mich ja ziehen lassen, kannst auch nicht einfach sagen,

Nein Bitte Warte Und Bleib Ich Will Dass Du Bei Mir Bleibst.

Du sagst, Gut. Ich ruf an.

Und rufst nicht an.




KONSTANZE SEIFERT.



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